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Trotz zunehmender Aufmerksamkeit für Mehrsprachigkeit in deutschen Bildungsinstitutionen, ist der pädagogische Alltag oftmals durch monolinguistische Sprachpraktiken geprägt (Hermann 2021). Diese Praktiken sind nicht nur gegensätzlich zu neunen sprachpädagogischen Ansätzen, sondern lassen ebenfalls Praktiken der Sprachverwendung (wie bspw. Quersprachigkeit und Translanguaging) unberücksichtigt (Panagiotopoulou 2016, 24)
Die Strategie der Einsprachigkeit stellt Kinder mit nicht deutscher Familiensprache vor Herausforderungen. Daher ist eine Wende hin zur Mehrsprachigkeit zu empfehlen, die ressourcenorientiert das gesamte sprachliche Repertoire mehrsprachiger Kinder berücksichtigt. Der Hort als wichtige Bildungsinstitution übernimmt bei der Begleitung von Sprachbiographien eine besondere Rolle, zum Beispiel indem systematisch alltagsintegrierte sprachliche Bildung für die Unterstützung des Spracherwerbs stattfindet (Wendland 2022). Einerseits können die dort tätigen Fachkräfte die Sprachfähigkeiten der Kinder gezielt durch Sprachanlässe und durch die Wertschätzung und Berücksichtigung der bereits vorhandenen mehrsprachigen Ressourcen fördern. Zum anderen erweitern Kinder durch den gemeinsamen Austausch untereinander ihre sprachlichen Fähigkeiten.
Das Erlernen der deutschen Sprache ist nicht an monolinguistische Sprachpraktiken gebunden. Die Anerkennung und Wertschätzung von mehrsprachigen Lebensrealitäten sind gute Voraussetzungen, um Deutsch als Zweitsprache in Horten zu vermitteln. Grundsätzlich kann bei Sprecher:innen mehrerer Sprachen eine kognitive und sprachliche Agilität belegt werden, die den Zugang zu anderen Sprachen und interkulturellen Erfahrungen begünstigt (Gülbeyaz 2023).
Der gesellschaftliche Diskurs ist von gegensätzlichen Konzepten von Mehrsprachigkeit geprägt, die sich in elitäre vs. migrationsbedingte Mehrsprachigkeit unterteilen lassen und die es zu überwinden gilt. Diese historisch gewachsene Unterscheidung (elitäre Mehrsprachigkeit: entstanden aus der historischen Entwicklung der ehemaligen Kolonialmächte sowie Länder von ökonomischer Relevanz vs. (arbeits)migrationsbedingte Mehrsprachigkeit) hat praxisrelevante Auswirkungen. Währenddessen die elitäre Mehrsprachigkeit als bereichernde Ressource betrachtet wird, findet eine gegensätzliche Einordnung der (arbeits)migrationsbedingten Mehrsprachigkeit statt, die oftmals als Hindernis für den Zweitspracherwerb gilt (ebd.).
Professionelles pädagogisches Handeln kann zur Aufweichung dieser widersprüchlichen Annahmen beitragen. Durch eine sprachförderliche Grundhaltung, die Gestaltung einer sprachanregenden Umgebung sowie individuellen Unterstützungsangeboten können Horte die Wende hin zur Mehrsprachigkeit aktiv gestalten (Herrmann 2021).
Mit Hilfe der amtlichen Daten der Kinder- und Jugendhilfestatistik wird die Anzahl der Horte nach ihrem Anteil an Kindern mit nicht deutscher Familiensprache, die also zu Hause vorwiegend nicht Deutsch sprechen, dargestellt (s. methodische Hinweise). Es kann also das Verhältnis von zu Hause vorwiegend nicht Deutsch sprechenden Kindern zu Kindern, die zu Hause vorwiegend Deutsch sprechen, abgebildet werden.
Weitere Daten und Informationen zu diesem Indikator finden Sie in der Datei „Download Daten“ unter dem Zeitstrahl.
Im Rahmen der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik wird erhoben, ob in der Familie des betreuten Kindes vorrangig Deutsch oder nicht Deutsch gesprochen wird.
Hierbei darf nicht übersehen werden, dass mittels der KJH-Statistik eine Kategorisierung von Kindern vorgenommen wird, die als “Othering” bezeichnet werden könnte und kritisch zu sehen ist (Siouti et al., 2022). Unter anderem weil das statistische Merkmal “Migrationshintergrund, eine starke Vereinfachung ist, die die Heterogenität der auf diese Weise erfassten Gruppe an Kindern hinsichtlich ihrer (sozio-)ökonomischen und sozialen Lebenslage, Kultur und Biografie nicht widerspiegeln kann. Dazu darf die Kategorisierung: mit und ohne Migrationshintergrund, sowie ob in der Familie überwiegend Deutsch oder nicht Deutsch gesprochen wird, keinesfalls zu einer erkenntnistheoretischen oder fachpraxisnahen verändernden Zuschreibung führen. Kritisch denkend, gibt das Merkmal jedoch wertvolle Hinweise über strukturelle Bildungsbenachteiligung in deutschen Bildungsinstitutionen. Denn KiTas bzw. Kindertagespflegestellen haben eine besondere Funktion bei der Erweiterung des individuellen kindlichen Sprachrepertoires, die die Bildungsbiografie beeinflusst.
Es kann also mithilfe der amtlichen Statistik dargestellt werden, wie hoch der Anteil der betreuten Kinder mit nicht deutscher Familiensprache pro Hort ist. Die Einteilung der Anteile (unter 25 % etc.) erfolgte nicht von den Einrichtungen selbst, sondern wurde im Rahmen der Auswertung der Daten vorgenommen. Dafür wurden pro Einrichtung die Anzahl der Kinder mit nicht deutscher Familiensprache in Relation zur Anzahl der Kinder mit deutscher Familiensprache gesetzt und im Anschluss in die vorhandenen Kategorien (unter 25 %, 25 bis 50 %, 50 bis 75 % und über 75 %) eingeteilt.
Für 2019 ist die Kategorie „25 % bis unter 50 %“ inklusive der Einrichtungen mit einem Anteil an Kindern mit nicht deutscher Familiensprache von 50 % bis unter 75 % aus Mecklenburg-Vorpommern.
Für das Datenjahr 2020 ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der zeitweiligen Schließung bzw. des eingeschränkten Betriebs der Kindertageseinrichtungen durch die Corona-Pandemie einige Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen ihre Daten nicht rechtzeitig übermitteln konnten. Bei den entsprechenden Daten muss von einer Untererfassung von ca. 50 KiTas mit ca. 2.000 betreuten Kindern und dem jeweiligen Personal ausgegangen werden.
Hinsichtlich des Datenjahres 2021 ist davon auszugehen, dass es aufgrund der zeitweiligen Schließung bzw. des eingeschränkten Betriebs von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und von Horten durch die Corona-Pandemie teilweise zu größeren Abweichungen zwischen den Daten der amtlichen Statistik und dem Ist-Zustand kommt. Beispielsweise sind die tatsächlichen Betreuungszeiten von Kindern in vielen Einrichtungen vermutlich weit geringer, als sie im Betreuungsvertrag laut amtlicher Statistik vereinbart sind. Diese Abweichungen sind bei der Interpretation der hier ausgewiesenen Daten zu berücksichtigen.
Weitere Informationen hierzu finden Sie hier.
Quelle
Daten ab 2019:
FDZ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder sowie statistisches Bundesamt, Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege, verschiedene Jahre; berechnet vom LG Empirische Bildungsforschung der FernUniversität in Hagen.
Literatur:
Gülbeyaz, Esin, Işil (2023): Mehrsprachigkeit dekolonisieren – Sprachpolitik mehrsprachige Bildung und soziale Gerechtigkeit. [online] URL: Mehrsprachigkeit dekolonisieren – Sprachpolitik, mehrsprachige Bildung und soziale Gerechtigkeit - (rat-fuer-migration.de) abgerufen am 03.11.2023.
Hermann, Karsten (2021): Mehrsprachigkeit in der KiTa fördern. [online] URL: Mehrsprachigkeit in der KiTa fördern (nifbe.de) abgerufen am 03.11.2023.
Panagiotopoulou, Argyro (2016): Mehrsprachigkeit in der Kindheit. Perspektiven für die frühpädagogische Praxis. [online] URL: Mehrsprachigkeit in der Kindheit | WiFF - Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte | In Kitas wird der Grundstein für Bildung und Teilhabe gelegt abgerufen am 03.11.2023.
Wendland, Marlen (2022): Alltagsintegrierte sprachliche Bildung. [online] URL: Themenportal | Frühe sprachliche Bildung | Alltagsintegrierte sprachliche Bildung (mercator-institut-sprachfoerderung.de) abgerufen am 03.11.2023